„Das Geld liegt im Einkauf" – diesen Satz kennt jeder Gebrauchtwagenhändler. Was dabei oft unausgesprochen bleibt: Im Einkauf geht das Geld auch am schnellsten verloren. Großhandelsplattformen wie AUTO1.com haben den Zugang zu tausenden Fahrzeugen demokratisiert. Mit wenigen Klicks bieten Händler auf Limousinen aus München, Kombis aus Hamburg oder SUVs aus Rotterdam. Die Verlockung günstiger Einstiegspreise ist groß, doch zwischen Zuschlag und tatsächlichem Gewinn liegen Kosten, die viele erst beim Blick auf die Monatsabrechnung vollständig erfassen.
Das Problem beginnt mit einer falschen Reihenfolge. Die meisten Händler sehen ein Fahrzeug, schätzen grob den Verkaufspreis, ziehen den aktuellen Gebotspreis ab und halten die Differenz für ihre Marge. Diese Rechnung ignoriert systematisch fünf bis acht Kostenpositionen, die in Summe mehrere tausend Euro ausmachen können. Bei einem durchschnittlichen Fahrzeug im Segment €15.000 bis €25.000 bedeutet das: Eine vermeintliche Marge von €2.000 schrumpft auf €800 – oder verschwindet ganz.
Was zwischen Zuschlag und Verkauf wirklich anfällt
Die offensichtlichste Position nach dem Gebotspreis ist die Auktionsgebühr. AUTO1 berechnet rund €400 pro Fahrzeug als Service Fee. Dazu kommt der Transport: Je nach Abholort und Lieferziel fallen zwischen €300 und €600 an, bei längeren Strecken oder Expresslieferungen auch mehr. Ein Fahrzeug aus Norddeutschland nach Salzburg zu bringen kostet nicht selten €500.
Für österreichische Händler folgt dann die Position, die am häufigsten unterschätzt wird: die Normverbrauchsabgabe. Bei Fahrzeugen aus Deutschland oder anderen EU-Ländern wird die NoVA bei der Erstzulassung in Österreich fällig. Die Höhe richtet sich nach dem CO₂-Ausstoß gemäß WLTP und dem Netto-Fahrzeugwert. Ein Fahrzeug mit 145 g/km CO₂ und €15.000 Nettowert erreicht 2025 schnell einen NoVA-Satz von 10% oder mehr – das sind €1.500, die nirgends im Auktionspreis erscheinen. Bei SUVs oder leistungsstarken Limousinen mit 180+ g/km explodieren diese Werte regelrecht. Die Berechnung erfolgt nach § 6 NoVAG, wobei der Abzugsbetrag 2025 bei 94 g/km liegt.
Hinzu kommen die Eintragung in die Genehmigungsdatenbank (bis €180), eventuelle §57a-Gutachten bei fälligem Pickerl, Überstellungskennzeichen aus Deutschland (€100-150) und die Aufbereitung vor Ort. Selbst eine gründliche Reinigung mit Politur und Innenraumaufbereitung kostet €150 bis €300. Kleinere Reparaturen, die beim Zustandsbericht nicht aufgefallen sind, summieren sich schnell.
Die richtige Reihenfolge: Marktpreis zuerst
Professionelle Kalkulation beginnt nicht beim Gebotspreis, sondern beim realistischen Verkaufspreis. Bevor Sie auf ein Fahrzeug bieten, brauchen Sie eine belastbare Antwort auf die Frage: Was zahlt ein Kunde in Ihrer Region für genau dieses Fahrzeug? Der Blick auf Willhaben und AutoScout24 zeigt, wo vergleichbare Modelle mit ähnlicher Laufleistung und Ausstattung inseriert sind. Der tatsächliche Verkaufspreis liegt erfahrungsgemäß 5-10% unter dem Inseratspreis – Händler, die mit dem Inseratspreis kalkulieren, überschätzen ihre Marge systematisch.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Diskrepanz. Sie entdecken bei AUTO1 einen VW Golf VIII 1.5 TSI, Erstzulassung 2022, 45.000 km, gute Ausstattung. Der aktuelle Gebotspreis liegt bei €14.500 netto. Vergleichbare Fahrzeuge werden auf österreichischen Plattformen zwischen €19.500 und €21.000 inseriert. Realistischer Verkaufspreis nach Verhandlung: €18.500 brutto, also etwa €15.400 netto.
Jetzt die tatsächliche Kalkulation: Zum Gebotspreis von €14.500 addieren sich €400 Auktionsgebühr, €450 Transport aus Süddeutschland, €180 Genehmigungsdatenbank-Eintragung und €200 Aufbereitung. Das Fahrzeug hat 138 g/km CO₂ – nach aktueller NoVA-Formel ergibt das einen Steuersatz von etwa 9%, auf den Nettowert gerechnet rund €1.300. Die wahren Gestehungskosten betragen damit €17.030. Bei einem Nettoverkaufspreis von €15.400 bedeutet das: Sie verlieren €1.630 pro Fahrzeug. Was auf der Auktionsseite wie ein gutes Geschäft aussah, entpuppt sich als garantierter Verlust.
Hätten Sie hingegen mit einem maximalen Gebot von €12.500 kalkuliert, läge die Marge bei knapp €1.600 – ein realistischer Wert für dieses Preissegment.
Vor dem Bieten rechnen, nicht danach
Die Lösung klingt banal: Rechnen Sie jedes Fahrzeug durch, bevor Sie ein Gebot abgeben. In der Praxis scheitert das an der Geschwindigkeit von Auktionen und der Komplexität der NoVA-Berechnung. Wer bei einer 24-Stunden-Auktion auf zwanzig Fahrzeuge bieten möchte, kann nicht für jedes einzeln Marktpreise recherchieren, den CO₂-Wert nachschlagen, die NoVA-Formel anwenden und Transportkosten erfragen.
Genau hier setzt die Autoblicker Browser-Extension an. Das Tool zeigt direkt auf der AUTO1-Auktionsseite alle relevanten Kennzahlen: den algorithmisch ermittelten Marktpreis für Österreich, die berechnete NoVA basierend auf den Fahrzeugdaten, geschätzte Transportkosten und die Gesamtgestehungskosten inklusive aller Nebenkosten. Noch vor dem ersten Gebot sehen Sie, ob ein Fahrzeug bei Ihrem geplanten Verkaufspreis profitabel sein kann und wie hoch die projizierte Marge ausfällt. Das verändert die Dynamik: Statt im Nachhinein festzustellen, dass ein Kauf defizitär war, wissen Sie vor dem Klick, ob sich das Bieten überhaupt lohnt.
Die Disziplin liegt im Verzicht. Erfahrene Händler wissen, dass die profitabelsten Monate oft jene sind, in denen sie auf mehr Fahrzeuge verzichtet als zugegriffen haben. Wer seine Maximalgebote konsequent an der Vollkostenrechnung ausrichtet, wird häufiger überboten – kauft aber nur Fahrzeuge, die tatsächlich Geld verdienen.