Wer als Fahrzeughändler regelmäßig Gebrauchtwagen von Privatpersonen ankauft, kennt das Problem: Der Verkäufer kann keine Umsatzsteuer ausweisen, weil er kein Unternehmer ist. Beim Weiterverkauf müsste der Händler dann auf den gesamten Verkaufspreis 20 % USt abführen, obwohl im Fahrzeug bereits irgendwann Mehrwertsteuer enthalten war. Das Ergebnis wäre eine wirtschaftlich unsinnige Doppelbesteuerung, die den Gebrauchtwagenhandel massiv verteuern würde.
Genau hier greift die Differenzbesteuerung nach § 24 UStG 1994. Sie stellt sicher, dass die Umsatzsteuer nur auf die tatsächliche Wertschöpfung des Händlers anfällt, also auf die Differenz zwischen dem, was er bezahlt hat, und dem, was er beim Verkauf erhält.
Die Sonderregelung kommt zur Anwendung, wenn ein Händler beim Ankauf eines Fahrzeugs keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte. Das ist typischerweise der Fall bei Fahrzeugen von Privatpersonen, von Kleinunternehmern ohne Umsatzsteuerausweis oder von anderen Händlern, die bereits die Differenzbesteuerung angewendet haben.
Ein Fahrzeug, das einmal in die Differenzbesteuerung eingetreten ist, bleibt dort. Kauft ein Händler von einer Privatperson und verkauft an einen anderen Händler weiter, muss auch dieser das Fahrzeug wieder differenzbesteuert verkaufen. Die Kette setzt sich fort, bis das Fahrzeug an einen Endkunden geht. Auf der Rechnung darf keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden; stattdessen ist ein Hinweis wie "Differenzbesteuerung gemäß § 24 UStG 1994" erforderlich.
Was zum Einkaufspreis zählt
Hier liegt einer der häufigsten Fehler im Tagesgeschäft. Der Einkaufspreis für die Differenzbesteuerung ist nicht dasselbe wie die gesamten Anschaffungskosten eines Fahrzeugs im betriebswirtschaftlichen Sinn.
Zum Einkaufspreis gehören alle Beträge, die der Händler dem Verkäufer für das Fahrzeug bezahlt. Wenn der Verkäufer Transport- oder Servicegebühren als Teil des Kaufgeschäfts in Rechnung stellt, zählen diese dazu. Bei Plattformen wie AUTO1 etwa sind Fahrzeugpreis, Servicegebühren und Transportkosten typischerweise Bestandteil einer zusammenhängenden Transaktion und damit Teil des Einkaufspreises.
Nicht zum Einkaufspreis gehören hingegen Kosten, die der Händler nach dem Erwerb selbst veranlasst. Laut Umsatzsteuerrichtlinien mindern nachträgliche Nebenkosten wie Reparaturen, Aufbereitung, Lackierung oder eigenständig beauftragter Transport die Bemessungsgrundlage nicht. Das bedeutet: Selbst wenn ein Händler 500 Euro in die Aufbereitung eines Fahrzeugs investiert, bleibt der Einkaufspreis für die USt-Berechnung unverändert.
Diese Unterscheidung hat handfeste Konsequenzen für die Steuerbelastung. Ein Händler, der irrtümlich Reparaturkosten vom Verkaufspreis abzieht, berechnet eine zu niedrige Marge und führt damit zu wenig Umsatzsteuer ab.
Die Formel ist im Kern simpel: Verkaufspreis minus Einkaufspreis ergibt die Bruttomarge, aus der die enthaltene Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Bei 20 % USt bedeutet das eine Division durch 1,2 und anschließende Multiplikation mit 0,2.
Beispiel: Ein Händler kauft einen Gebrauchtwagen von einer Privatperson für 8.000 Euro. Nach einer Aufbereitung (Kosten: 400 Euro) verkauft er das Fahrzeug für 10.500 Euro an einen Privatkunden.
Die Bruttomarge beträgt 10.500 Euro minus 8.000 Euro, also 2.500 Euro. Die Aufbereitungskosten bleiben außen vor, sie beeinflussen nur den tatsächlichen Gewinn, nicht die USt-Bemessungsgrundlage. Die Nettomarge ergibt sich aus 2.500 Euro geteilt durch 1,2, das sind 2.083,33 Euro. Die abzuführende Umsatzsteuer beläuft sich auf 416,67 Euro (20 % von 2.083,33 Euro).
Hätte der Händler das Fahrzeug regulär mit Vorsteuerabzug erworben und müsste den vollen Verkaufspreis versteuern, läge die USt bei 1.750 Euro (10.500 / 1,2 × 0,2). Die Differenzbesteuerung spart in diesem Beispiel also über 1.300 Euro.
Besonderheit bei der NoVA
Für österreichische Händler kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Wenn ein differenzbesteuertes Fahrzeug erstmals in Österreich zugelassen wird, fällt NoVA an. Die Kraftfahrzeugbesteuerungsrichtlinien (KfzBStR 2021) regeln, wie NoVA und Differenzbesteuerung zusammenspielen.
Der Verkaufspreis für die Margenberechnung ist der Preis ohne NoVA. Das klingt technisch, hat aber praktische Bedeutung: Die NoVA ist kein Teil der Händlermarge und wird daher aus der USt-Bemessungsgrundlage herausgerechnet. Bei einem Bruttoverkaufspreis von beispielsweise 15.000 Euro, der 1.200 Euro NoVA enthält, bildet nur die Differenz zwischen 13.800 Euro (Verkaufspreis ohne NoVA) und dem Einkaufspreis die Grundlage für die Umsatzsteuerberechnung.
Diese Verschränkung von NoVA und Differenzbesteuerung macht die manuelle Berechnung fehleranfällig. Besonders bei Fahrzeugen, die aus dem EU-Ausland differenzbesteuert eingekauft und erstmals in Österreich zugelassen werden, müssen beide Steuerarten korrekt ermittelt und voneinander abgegrenzt werden.
Die korrekte Dokumentation schützt den Händler. Jede Rechnung über ein differenzbesteuertes Fahrzeug muss einen eindeutigen Hinweis auf die Anwendung der Sonderregelung enthalten. Die WKO empfiehlt Formulierungen wie "Differenzbesteuerung gemäß § 24 UStG 1994" oder "Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung".
Ebenso wichtig: Auf der Rechnung darf keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden. Geschieht dies versehentlich, schuldet der Händler die ausgewiesene Steuer zusätzlich zur ohnehin anfallenden Differenzsteuer. Eine solche Doppelbelastung lässt sich nur durch Rechnungsberichtigung korrigieren.
Für die internen Aufzeichnungen gilt: Einkaufspreis, Verkaufspreis und die sich daraus ergebende Bemessungsgrundlage müssen für jedes Fahrzeug einzeln dokumentiert werden. Die Verknüpfung zwischen Ankaufs- und Verkaufsbeleg über die Fahrgestellnummer hat sich als praktikable Methode etabliert.
Vier Fehler treten in der Praxis besonders häufig auf. Erstens das Einrechnen von Reparaturkosten: Wer Werkstattkosten vom Verkaufspreis abzieht, ermittelt eine zu niedrige Bemessungsgrundlage und riskiert bei der Betriebsprüfung Nachzahlungen plus Zinsen. Zweitens das Einbeziehen der NoVA in die Marge: Bei Fahrzeugen mit NoVA-Pflicht muss der Verkaufspreis ohne NoVA-Komponente für die Margenberechnung herangezogen werden. Drittens der fehlende Rechnungshinweis: Ohne den vorgeschriebenen Vermerk riskiert der Händler, dass das Finanzamt die Differenzbesteuerung nicht anerkennt. Und viertens das falsche Besteuerungsregime beim Ankauf: Wurde beim Ankauf Vorsteuer abgezogen (etwa bei einem Kauf von einem anderen Unternehmer mit regulärer Rechnung), muss auch der Verkauf regulär versteuert werden.