·Bestandsverwaltung·6 Min. Lesezeit

Woher kaufen? Die besten Einkaufsquellen für österreichische Gebrauchtwagenhändler

Privatankauf, Leasingrückläufer, Auktionen oder EU-Import: Welcher Einkaufskanal passt zu Ihrem Autohaus? Ein Praxisvergleich.

Die Frage, woher ein Autohaus seine Fahrzeuge bezieht, klingt banal. In der Praxis bestimmt sie aber maßgeblich, wie viel Spielraum zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bleibt. Kein Kanal ist pauschal der beste. Jeder passt zu unterschiedlichen Geschäftsmodellen, Risikobereitschaften und verfügbaren Zeitressourcen. Was für einen Händler mit drei Mitarbeitern funktioniert, kann für einen Ein-Mann-Betrieb zum Zeitfresser werden.

Österreichische Händler bewegen sich dabei in einem Umfeld, das zusätzliche Komplexität mit sich bringt: Die NoVA verteuert Importe je nach CO2-Wert erheblich, die Finanzsperre in der Genehmigungsdatenbank muss vor jeder Zulassung geklärt sein, und die Gewährleistungspflicht gegenüber Endkunden lässt sich nicht wegverhandeln. All das beeinflusst, welche Einkaufsquelle unter dem Strich tatsächlich profitabel ist.

Privatankauf: Günstiger Einstieg mit Zeitaufwand

Der Ankauf von Privatpersonen über Willhaben, Facebook Marketplace oder AutoScout24 verspricht die attraktivsten Einkaufspreise. Private Verkäufer kennen den Händlereinkaufswert selten und orientieren sich am Privatmarkt. Das schafft Verhandlungsspielraum, den professionelle Verkäufer nicht bieten. Wer ein Fahrzeug für 8.000 Euro von privat kauft, das auf Willhaben von Händlern um 10.500 Euro angeboten wird, hat bereits vor dem ersten Kundenkontakt eine solide Basis.

Der Haken liegt im Aufwand. Private Verkäufer liefern keine strukturierten Zustandsberichte. Die Fotos im Inserat zeigen das Fahrzeug bei Sonnenschein, verschweigen aber den Ölfleck in der Garage. Jedes Fahrzeug erfordert eine persönliche Besichtigung, oft verbunden mit Anfahrten quer durchs Bundesland. Dazu kommt: Private können die Gewährleistung vertraglich ausschließen, wie der ÖAMTC bestätigt. Das schützt zwar den Verkäufer, aber Sie als Händler müssen Ihrem Endkunden trotzdem mindestens ein Jahr Gewährleistung einräumen (bei Gebrauchtwagen mit Erstzulassung über einem Jahr). Versteckte Mängel werden so zu Ihrem Problem.

Wann lohnt sich dieser Kanal? Bei lokal gut bekannten Fahrzeugen, deren Schwachstellen Sie kennen. Bei einfachen Modellen ohne komplexe Elektronik. Und wenn Sie die Zeit haben, Inserate regelmäßig zu durchforsten und schnell zu reagieren. Die besten Privatangebote sind innerhalb von Stunden weg.

Gewerbliche Quellen: Dokumentation hat ihren Preis

Leasingrückläufer und Flottenabgänge bieten das Gegenteil des Privatmarkts: professionelle Abwicklung, dokumentierte Wartungshistorie und kalkulierbare Qualität. Unternehmen wie LeasePlan, Arval oder die Porsche Bank geben ihre Rückläufer entweder direkt an Händler ab oder vermarkten sie über B2B-Plattformen. Die Fahrzeuge wurden typischerweise nach Herstellervorgaben gewartet, haben moderate Laufleistungen und kommen mit vollständiger Servicehistorie.

Der Nachteil liegt auf der Hand: Sie sind nicht der einzige Händler, der das weiß. Leasingrückläufer sind begehrt, entsprechend eng sind die Margen. Große Leasinggesellschaften arbeiten oft mit festen Abnahmepartnern oder verlangen Mindestabnahmemengen, die für kleinere Autohäuser nicht darstellbar sind. Wer nicht zum etablierten Netzwerk gehört, bekommt die Restware.

Der Händler-zu-Händler-Handel über Plattformen wie AutoProff bietet einen Mittelweg. Hier verkaufen Händler Inzahlungnahmen, die nicht ins eigene Portfolio passen, an Kollegen weiter. Ein Volkswagen-Spezialist gibt den hereingenommenen Alfa Romeo ab, ein BMW-Händler den Fiat 500. Die Abwicklung ist professionell, die Gebühren überschaubar, und man handelt mit Gegenübern, die das Geschäft verstehen. Allerdings gilt auch hier: Die wirklich attraktiven Fahrzeuge behält jeder selbst.

Auktionsplattformen: Europaweite Auswahl mit Nebenkosten

AUTO1.com, BCA und CarOnSale haben den Fahrzeugeinkauf in den letzten Jahren grundlegend verändert. Statt regionaler Kontakte ermöglichen diese Plattformen den Zugriff auf zehntausende Fahrzeuge aus ganz Europa. AUTO1 allein vermarktete 2023 über 500.000 Fahrzeuge auf dem europäischen Festland, BCA kam auf rund 300.000. Die Auswahl ist enorm: vom Kleinwagen bis zum Transporter, vom Vorjahresmodell bis zum Fahrzeug mit hoher Laufleistung.

Der Ablauf ist bei allen Anbietern ähnlich: Fahrzeuge werden mit detaillierten Zustandsberichten, Schadensprotokollen und Fotoserien eingestellt. Händler bieten online, entweder in Live-Auktionen oder per Vorabgebot. Der Meistbietende erhält den Zuschlag. Bei AUTO1 gibt es zusätzlich die Möglichkeit, Fahrzeuge zum Festpreis zu kaufen.

Die Kalkulation wird allerdings komplexer als beim Lokalankauf. Zum Hammerpreis kommen Servicegebühren (bei CarOnSale ab 99 Euro, bei anderen Anbietern bis zu 500 Euro und mehr), Transportkosten (bei Fahrzeugen aus Deutschland typischerweise 300 bis 600 Euro, aus weiter entfernten Ländern entsprechend mehr) und bei importierten Fahrzeugen die NoVA. Ein Fahrzeug, das auf der Plattform mit 12.000 Euro attraktiv erscheint, kann nach allen Nebenkosten bei 14.500 Euro Einstandspreis landen.

Die Erfahrungen mit der Zustandsbeschreibung sind gemischt. Auf Bewertungsportalen wie Trustpilot berichten Händler von Fahrzeugen, die besser ankamen als erwartet, aber auch von bösen Überraschungen: Hagelschäden, die auf Fotos nicht erkennbar waren, oder Mängel, die im Protokoll fehlten. Die Plattformen bieten Reklamationsverfahren an, deren Kulanz aber variiert. Wer regelmäßig über Auktionen einkauft, kalkuliert einen gewissen Prozentsatz an Problemfällen von vornherein ein.

BCA positioniert sich als Full-Service-Anbieter mit Begutachtung, Logistik und Reklamationsmanagement aus einer Hand. CarOnSale wächst aggressiv und hat kürzlich den Softwareanbieter Alpha Online übernommen, um Händlern den Export von Inzahlungnahmen direkt aus ihrem Bestandssystem zu ermöglichen. AUTO1 bleibt der Platzhirsch, steht aber regelmäßig in der Kritik wegen Qualitätsschwankungen bei der Fahrzeugbewertung.

EU-Import: Wenn sich die Rechnung trotz NoVA lohnt

Der direkte Fahrzeugkauf in Deutschland oder anderen EU-Ländern kann auch abseits von Auktionsplattformen interessant sein. Bestimmte Modelle sind im Ausland schlicht günstiger, sei es durch höhere Stückzahlen, andere Nachfragestrukturen oder günstigere Erstzulassungspreise. Wer gezielt nach einem bestimmten Fahrzeug sucht, findet auf mobile.de oder AutoScout24.de oft mehr Auswahl als auf österreichischen Plattformen.

Die Rechnung muss aber stimmen. Bei jedem Import wird die NoVA fällig, berechnet nach den Regeln, die zum Zeitpunkt der EU-Erstzulassung galten (bei Gebrauchtwagen aus der EU). Die Höhe hängt vom CO2-Ausstoß ab und kann bei emissionsstarken Fahrzeugen erheblich sein. Dazu kommen die Eintragung in die Genehmigungsdatenbank über den Generalimporteur, die Klärung der Finanzsperre und die Transportkosten. Ohne COC-Papier (Certificate of Conformity) wird es kompliziert: Dann ist eine Einzelgenehmigung bei der Landesprüfstelle nötig.

Für Händler mit Erfahrung im Import kann dieser Kanal ein Wettbewerbsvorteil sein. Wer die Abläufe kennt, die NoVA präzise vorkalkulieren kann und verlässliche Transportpartner hat, erschließt sich Fahrzeuge, die lokale Konkurrenten nicht auf dem Radar haben. Für Einsteiger ist der administrative Aufwand allerdings erheblich.

Die richtige Mischung macht's

Erfolgreiche Händler nutzen selten nur einen Einkaufskanal. Sie kaufen das lokale Schnäppchen von privat, greifen bei einem attraktiven Leasingrückläufer zu, bieten auf Auktionen mit, wenn das Angebot stimmt, und importieren gezielt, wenn sich die Rechnung trotz NoVA lohnt. Entscheidend ist, den tatsächlichen Einstandspreis vor dem Kauf zu kennen: Kaufpreis plus Gebühren plus Transport plus Steuern plus erwartete Aufbereitung. Wer diese Zahl nicht sicher beziffern kann, kauft im Nebel.

Die Wahl des Kanals hängt letztlich von den eigenen Ressourcen ab. Wer Zeit hat, findet im Privatmarkt die besten Margen. Wer Skalierung sucht, kommt an Auktionsplattformen kaum vorbei. Und wer auf Nummer sicher gehen will, zahlt bei Leasingrückläufern den Aufpreis für dokumentierte Qualität. Keiner dieser Wege ist falsch, solange die Kalkulation stimmt.